Hat die Ernährung nun Einfluss auf die Gesundheit oder vielleicht doch nicht? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
Glaubt man verschiedenen Medien oder dem ein oder anderen „Influenzer“, dann ist die Sache klar: der heilige Weg zu Langlebigkeit und Gesundheit heißt je nach Trend Kurkuma, Chiasamen oder Himbeeren. Crash-Diäten und andere kurzfristige Gesundheits-Trends werden wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf gejagt und jeder, der es wagt, davon abzuweichen wird als leichtsinnig diffamiert.
Und doch kennen wir alle die Geschichten von Menschen, die immer „alles richtig“ gemacht haben, sich haufenweise Nahrungsergänzungsmittel einverleibten, nie zur Pommes griffen und dennoch an Krebs erkrankten. Was, wenn unsere Ernährung einfach keinen Einfluss auf unsere Gesundheit hat? Und was, wenn die Wahrheit wie so oft irgendwo dazwischen liegt?
Eins vorab – entgegen jeglichem Spannungsbogen, einfach weil es so wichtig ist: Einzelne Lebensmittel sind selten allein entscheidend. Ganz egal wie sehr Grünkohl auch gehypt wird: wer sich nur davon ernährt wird eben nicht gesund, sondern bekommt auf lange Sicht Mangelerscheinungen. Viel wichtiger ist das Gesamtbild – unser tägliches Ernährungsverhalten. Zahlreiche hochwertige Studien zeigen, dass bestimmte Ernährungsmuster unser Risiko für schwere Erkrankungen wie Herzinfarkt, Diabetes, Krebs oder Alzheimer deutlich senken können.
Besonders gut belegt ist hier die Wirkung der mediterranen Ernährung. Menschen, die sich regelmäßig von viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Fisch, Olivenöl und wenig rotem Fleisch ernähren, haben ein signifikant geringeres Risiko für beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sogar bei bereits bestehenden Vorerkrankungen kann die Umstellung auf eine solche Ernährung die Prognose verbessern. Das vielzitierte Glas Wein zählt im Übrigen nicht unbedingt dazu, vielmehr gehört zu einer gesunden Lebensweise Geselligkeit und Gelassenheit – und dies ist natürlich mindestens genauso gut ohne Alkohol möglich.
Auch pflanzenbasierte Ernährungsformen, (nicht zwingend eine vegane Kost) mit einem hohen Anteil an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten wirken sich positiv auf Blutdruck, Cholesterin und Blutzucker aus – alles Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Menschen mit Typ-2-Diabetes profitieren besonders stark von gezielten Ernährungsmaßnahmen. Eine mediterrane und ballaststoffreiche Kost verbessert nicht nur die Blutzuckerwerte, sie senkt auch das Risiko für Folgeschäden wie Herzinfarkt oder Erblindung.
Dabei sind es oft gar nicht die großen Revolutionen, sondern die kleinen, dauerhaften Veränderungen: Weißbrot gegen Vollkorn tauschen, Hülsenfrüchte statt Wurst, ein Spritzer Olivenöl statt Butter. Entscheidend ist ein langer Atem – keine drei Wochen Askese, sondern ein neues, nachhaltiges Essverhalten, das in den Alltag passt.
Natürlich gibt es Lebensmittel mit besonders vielen wertvollen Inhaltsstoffen – der Himbeere wurde aus diesem Grund ein weltweiter Bestseller gewidmet. Und ja, die kleinen Früchte enthalten krebshemmende Stoffe wie Anthocyane und Ellagitannine, aber auch hier liegt der Teufel im Detail. Wer glaubt, mit einer Schale Beeren täglich könne er sich den Weg zur Gesundheit freiessen, wird enttäuscht: Die krebshemmende Wirkung zeigte sich in den Studien meist erst bei mehreren Hundert Gramm täglich – und auch dann nur als Teil eines insgesamt gesunden Lebensstils.
Ähnlich sieht es bei Kurkuma und anderen Gewürzen aus. In Laborstudien zeigen ihre Inhaltsstoffe beeindruckende Wirkungen – Entzündungshemmung, Zelltod in Tumorzellen, antioxidativer Schutz. Doch diese Effekte lassen sich beim Menschen nicht einfach durch das tägliche Würzen erzielen. Sie ergänzen ein gesundes Gesamtkonzept, ersetzen es aber nicht. Zudem sind diese Ergebnisse meist in Zellkulturen und Tierversuchen beobachtet worden und nur bedingt aus den Menschen übertragbar.
Nicht zu unterschätzen ist jedoch der psychologische Aspekt: Wer bewusst gesünder isst – ob nun mit viel Brokkoli oder exotischen Gewürzen – beschäftigt sich mit sich selbst, übernimmt Verantwortung. Allein das kann das Wohlbefinden steigern, Stress reduzieren und sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Doch auch hier gilt: Der Placeboeffekt ist eine nette Dreingabe – aber keine Therapie und greift natürlich nur, wenn sich die Jagd nach dem gesunden Essen nicht zur krankhaften Orthorexie entwickelt.
Auch in der Krebsprävention spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Studien zeigen: Wer viel rotes und verarbeitetes Fleisch isst, hat ein höheres Risiko für Dickdarm-, Brust- und Prostatakrebs. Eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten dagegen kann das Risiko deutlich senken.
Selbst bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer scheint das, was auf unseren Tellern landet, eine Rolle zu spielen. Die sogenannte MIND-Diät, eine Kombination aus mediterraner und DASH-Diät, kann laut Studien das Risiko für Alzheimer um bis zu 50 % senken – wenn man sich dauerhaft daran hält.
Dies bringt mich zu einem kurzen Einschub: Die sogenannten Crash-Diäten: Oft versprechen sie viel – schnellen Gewichtsverlust, am besten bis zum nächsten Wochenende. Was dabei oft vergessen wird: Der Körper reagiert auf radikale Kalorienreduktion mit einem Notfallprogramm. Der Grundumsatz sinkt, Heißhunger wird stärker, und der berühmte Jojo-Effekt lässt meist nicht lange auf sich warten. Zudem gehen bei solchen Diäten oft Muskelmasse und wichtige Nährstoffe verloren
Stattdessen zeigt sich immer wieder: Eine dauerhafte, moderate Umstellung, die Genuss erlaubt und zur eigenen Lebensrealität passt, bringt nicht nur langfristig bessere Ergebnisse – sie ist auch deutlich gesünder und stabilisiert Gewicht, Stoffwechsel und Wohlbefinden dauerhaft. Hier sind es tatsächlich wieder die täglichen kleinen Schritte, die am Ende den Unterschied machen.
Mehr Gemüse, weniger Fleisch, mehr Vielfalt, weniger Fertigprodukte – das ist keine neue Diät, sondern eine Rückbesinnung auf das, was unser Körper eigentlich braucht. Und das wirkt manchmal wirklich besser als jede Medizin.
Orginaltext von overton-magazin.de vom 21. Juli 2025
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