So hat es der Krebs schwer

So hat es der Krebs schwer

Irgendwo zwischen Marktoberdorf und Schongau biegt ein unscheinbares Sträßchen ab. Gäbe es kein Navi, könnte man den Weg in die 1800-Einwohner-Gemeinde Bidingen im Ostallgäu mit ihren 13 kleinen Dörfern glatt verfehlen. Nach einigen engen Kurven taucht plötzlich ein 34 Hektar großes riesiges Paradies auf: Feuchtbiotope, eine Streuobst- und Blumenwiese, Pferdekoppeln mit einer Himalaya-Birkenallee, ein Rundstall mit Dachbegrünung, ein Bauerngarten, ein Wildobst-Areal und eine Präriewiese. Und jede Menge Tiere: Pferde, Schweine, Hunde, Katzen, Hühner, Ziegen, ein Lama, Kaninchen, Hirsche und Rehe, Tauben, Enten und Vögel – über 100 Vier- und Zweibeiner allemal. Das ist das Refugium des renommierten Krebsarztes und Buchautors Professor Dr. Volkmar Nüssler, der sich auf Gut Rosenhof zusammen mit seiner Frau Anja Beran einen Lebenstraum erfüllt.

Bewegung kann Leben retten

Doch es geht nicht allein um die dort im Übermaß vorhandene Idylle. Die Bewegung und die Pflege der grünenden und blühenden Landschaft und der sie umgebenden Tiere hat bei dem 69-jährigen Mediziner selbst wahre Wunder bewirkt, wie er jetzt erstmals im PZ-Gespräch der Öffentlichkeit verrät. Und weil er zusätzlich noch gerne, gesund und zudem fleischarm kocht, konnte er selbst eine schwere Krebs-Erkrankung gut überwinden.
Als Nüssler im Mai vorigen Jahres im ausverkauften PZ-Autorenforum seine Bücher vorstellte, ahnte niemand, dass er ein starkes halbes Jahr zuvor von einem Burkitt-Lymphom – das ist eine besondere Art von Lymphdrüsen-Krebs – vollständig geheilt wurde.
Was ihm geholfen hat, kann jedermann helfen. „Meine erste Botschaft ist: Ich will allen Menschen Mut machen und mit der Mär brechen, dass ein Arzt keinen Tumor bekommen kann. Meine zweite Botschaft ist: Man sollte sich bewusst ernähren und bewegen. Das mache ich auf meinem Hof. Auch das Risiko, wieder zu erkranken, wird dadurch gesenkt.“

Therapie gut überstanden

Selbst bei einer Erkrankung wie bei ihm ist so die Wahrscheinlichkeit größer, die Therapie-Nebenwirkungen gut zu verkraften, weiß er aus eigener Erfahrung. Nüssler hatte jeweils eine Woche lang in München eine Hochdosis-Chemotherapie erhalten und sich zuhause dann immer drei Wochen lang um die Pflanzenwelt gekümmert: „Als Sohn eines Gärtnermeisters liegt mir das im Blut.“ Wer lieber Rad fahre, schwimme oder wandere – genauso gut.

Podcast ab sofort verfügbar

Weil aber der passionierte Jäger, der mehr ein Heger und Pfleger ist, alles andere als Dogmen aufstellt, rät er dazu, Fleisch nicht gänzlich zu verdammen, wobei Fisch und Wild deutlich vorzuziehen seien. Dennoch empfiehlt der Experte dringend eine Fleischreduktion. Er nennt dafür drei Gründe: „Erstens dient sie unserer eigenen Gesundheit, zweitens auch dem Tierwohl und nicht zuletzt dem Klima.“ Alle drei Aspekte werden in der jetzt startenden Podcast-Reihe der Wolfgang-Wilmanns-Stiftung vertieft, die auf PZ-news und den bekannten Podcast-Plattformen zu hören ist.
Auch seiner Frau Anja Beran geht es mit deren Stiftung um die Harmonie zwischen Mensch und Tier. Sie hat jährlich Menschen aus über 20 Nationen zu Gast, die bei ihr die klassische Reitkunst, fernab jeglicher Turnier-Ambitionen, erlernen. Beim Besuch der PZ auf dem Rosenhof, der übrigens seinen Namen von über 100 gepflanzten Rosen hat, waren gerade die jungen Calwer Reiterinnen Elisa Schneider und Antonia Rothfuß zu Gast. Drei Tage weilten sie im Allgäu – und das zum zweiten Mal. „Wir stehen hinter der Ausbildungsweise von Frau Beran, weil bei ihr die Bedürfnisse des Pferdes im Vordergrund stehen und wir viel lernen“, nennt Schneider die Gründe für die 250-Kilometer-Reise.
„Der intensive Umgang mit Tieren und Pflanzen ist ein zuverlässiges Mittel, brüchigen Zeitgeist zu überwinden und nachhaltige Stabilität zu schaffen“, ist ein Grundsatz Berans und Nüsslers, der an einer Stallwand prangt. Deshalb holen die beiden auch immer wieder Hühner aus Massentierhaltungen, die vom eingetragenen Verein Hühner-Rettung vermittelt werden, nehmen Ziegen aus Beschlagnahmungen auf oder pflegen verletzte Tauben gesund.
„Alle Tiere, die hier sind, sterben eines natürlichen Todes“, macht der Krebs-Professor deutlich. Einzige Ausnahme: Ab und zu muss ein Reh oder ein Hirsch sein Leben lassen, um einerseits eine zu große Population zu verhindern und andererseits einem gesunden und schmackhaften Wildgericht zu dienen. Dennoch schießt Nüssler lieber mit der Kamera als mit dem Gewehr.

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Orginaltext von pz-news.de vom 06. September 2025