Wildfleisch – eine einfache Lösung?

Ernährung Gesundheit

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Es ist ein Paradox unserer Zeit: Wir diskutieren über Fleischverzicht, Nachhaltigkeit und Tierwohl – und übersehen dabei oft eine naheliegende Lösung, die seit Jahrhunderten Teil unserer Kultur ist: Wildfleisch. In einer Ära industrieller Fleischproduktion, des Antibiotikaeinsatzes und der Massentierhaltung steht Wildbret für das, was Fleisch eigentlich sein sollte – natürlich, gesund und respektvoll gewonnen statt „produziert“.

Gesundheit aus der Wildnis

Eine Studie, die Nunes et al. (2021) im hochrangigen Journal "Nature" veröffentlichten, zeigt, dass der Ersatz von Rindfleisch durch Wildfleisch den Ausstoß von bis zu 71 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Jahr vermeiden könnte.

Wildtiere leben frei in ihrem natürlichen Lebensraum, ernähren sich von dem, was die Natur ihnen bietet, und sterben – im Idealfall – durch den schnellen, sicheren Schuss des Jägers. Dadurch entfallen viele problematische Aspekte der Massentierhaltung wie Antibiotikaeinsatz, Tiertransporte oder Schlachthöfe. Studien zeigen zudem, dass das Fleisch von Reh, Hirsch und Wildschwein im Schnitt weniger als 4 g Fett pro 100 g enthält, dafür aber bis zu 26 g hochwertiges Eiweiß. Besonders positiv fällt das Fettsäureprofil auf: ein hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren, ein günstiges Verhältnis von n-6 zu n-3 sowie reichlich Zink, Eisen und B-Vitamine (Soriano & Sánchez-García, 2021).

Natürlich gibt es auch Risiken. Viele denken im Zusammenhang mit Wildfleisch an Parasiten wie Toxoplasma gondii oder Sarcocystis spp. Und ja, diese kommen bei Wildtieren vor. Sie lassen sich jedoch durch korrekte Verarbeitung und Hygiene nahezu ausschließen (Guardone et al., 2022). Hinzu kommen moderne Kontrollsysteme wie HACCP, die künftig auch im Wildfleischhandel verpflichtend werden könnten (Biggs et al., 2021). Derzeit gilt eine Kombination aus EU-Verordnungen, nationalem Recht und einer Schulungspflicht für Jägerinnen und Jäger.

In Deutschland ist die Jagd streng reglementiert. Nur wer eine umfassende Ausbildung absolviert und eine Prüfung besteht, darf jagen. Ziel der Jagd ist dabei nicht die Trophäe, sondern die Populationsregulierung. Ein übermäßiger Wildbestand würde Wälder und Felder schädigen – kontrollierte Jagd sorgt daher auch für ökologisches Gleichgewicht.

Im Gegensatz zur Massentierhaltung erfolgt die Tötung von Wildtieren schnell und weitgehend stressfrei. Der Jäger trägt Verantwortung – für das Tier, die Umwelt und den respektvollen Umgang mit Leben und Tod. Diese Form der Nahrungsgewinnung steht für eine Ethik des Respekts: Wenn Fleisch, dann bewusst, selten und würdevoll.

Ein Stück Nachhaltigkeit auf dem Teller

Wildhase
Wildhase

Wildfleisch – richtig behandelt – ist nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig. Die ökologische Bilanz von Wildfleisch ist bemerkenswert. Eine Studie, die Nunes et al. (2021) im hochrangigen Journal „Nature“ veröffentlichten, zeigt, dass der Ersatz von Rindfleisch durch Wildfleisch den Ausstoß von bis zu 71 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Jahr vermeiden könnte (Nunes et al., 2021).

Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Wildtiere benötigen keine Futterflächen, kein Soja, kein zusätzliches Wasser – sie sind Teil eines funktionierenden Ökosystems. Die industrielle Tierhaltung hingegen steht häufig in der Kritik, weil sie zwei Drittel aller landwirtschaftlichen Flächen beansprucht. Wildbret verkörpert das Gegenteil: minimale Eingriffe und maximale Ressourcenschonung. Damit schließt Wildfleisch die Lücke zwischen ökologischer Verantwortung und kulinarischem Genuss. Es fügt sich in natürliche Kreisläufe ein, statt sie zu belasten.

Wie viel Wildfleisch ist realistisch?

Trotz all seiner Vorzüge bleibt Wildbret ein Nischenprodukt. In Deutschland liegt der Anteil am Fleischkonsum bei lediglich 2–4 %. Dies liegt nicht nur an der vergleichsweise geringen Nachfrage, sondern auch an der natürlichen Begrenzung des Angebots. Selbst eine optimierte Organisation der Jagd könnte nur einen Bruchteil der Bevölkerung mit Wildfleisch versorgen (Mayor et al., 2021).

Doch das Ziel sollte ohnehin nicht sein, den aktuellen Fleischkonsum vollständig zu substituieren, sondern ein Umdenken anzustoßen: weniger Masse, mehr Sonntagsbraten. Wer seltener, aber bewusst Wildfleisch isst, senkt seine persönliche Klimabilanz, unterstützt regionale Jägerinnen und Jäger und trägt zum Erhalt von Lebensräumen bei. Wildfleisch ist kein Lifestyleprodukt, sondern ein Symbol für Verantwortung. Es vereint das, was wir von moderner Ernährung erwarten: gesundheitlichen Nutzen, Nachhaltigkeit und ethische Vertretbarkeit.

In einer Welt, in der Fleisch oft industriell, anonym und billig ist, erinnert uns Wildbret daran, dass Konsum auch Respekt bedeutet. Es ist somit eine Frage der Haltung – und natürlich auch des bewussten Genusses –, die Wildfleisch so besonders macht.

Literaturverzeichnis
Hirsch
Hirsch

Soriano A, et al. (2021). Nutritional Composition of Game Meat from Wild Species Harvested in Europe. Meat and Nutrition.

Guardone L, et al. (2022). A Review on Alaria alata, Toxoplasma gondii and Sarcocystis spp. in Mammalian Game Meat Consumed in Europe: Epidemiology, Risk Management and Future Directions. Animals, 12(3), 263.

Biggs D, et al. (2021). Extend existing food safety systems to the global wildlife trade. The Lancet. Planetary Health, 5, e402 – e403.

Nunes A, et al. (2021). Wild meat consumption in tropical forests spares a significant carbon footprint from the livestock production sector. Sci Rep(11), 19001.

Mayor P, et al. (2021). Wild meat trade over the last 45 years in the Peruvian Amazon.Conservation Biology, 36(2), e13801.